05.02.2011

Ars, homo additus naturae







Der Palacio Barolo, an der Avenida de Mayo 1370 ist schon aeusserlich spektakulaer. Seine wahre Einzigartigkeit offenbart das Gebaeude aber nur dem Besucher, der in die uebergrosse Eingangshalle tritt, und die Stockwerke bis zum Leuchtturm zuoberst von Nahem betrachtet.

Der schrullige Businessmann Luis Barolo wollte Europa, das er seinem unabwendbaren Untergang zugehen sah, in Buenos Aires weiterleben lassen. Zumindest einen der kulturellen Pfeiler seines Heimatlandes Italien: Den Nationaldichter Dante Alighieri.

Barolo beauftragte den Architekten Mario Palanti, Dante ein Monument zu errichten, das zugleich als Mietshaus funktionieren wuerde. So entstand das erste Stahlbetongebaeude Argentiniens.

Richtig spannend wird es aber erst, wenn man sich das Gebaeude naeher ansieht. Von den Zitaten in der Eingangshalle - beispielsweise: Ars, homo additus naturae, also: Kunst ist Natur mit dem Zusatz Mensch - ueber die ausgekluegelten architektonischen Anspielungen auf das Werk Dantes, der Palacio Barolo hat nicht umsonst Architekturgeschichte geschrieben:

Der Bau basiert auf dem Meter von Dantes goettlicher Komoedie. Das Gebaeude ist unterteilt in zwei Bloecken, mit je 11 Bueros pro Stockwerk. Also 22 insgesamt. Dies ist der Meter in Dantes 100 Gesaengen. (Kleines Kuriosum am Rande: Sogar die Kreiszahl Pi ist zu finden). Das Gebaeude ist des weitern aufgeteilt in die drei Teile der goettlichen Komoedie: Hoelle, Purgatorium, Paradies. Die Eingangshalle - die Hoelle - hat neun Bogen, welche die neun Kreise der Hoelle symbolisieren. Die neun Zitate stammen aus neun verschiedenen Werken der Weltliteratur, von der Bibel bis zu Vergil.

Auf den Saeulen der Hauptboegen sind vier Lampen montiert, die von zwei Kondoren und zwei Drachen - einer maennlich, einer weiblich - getragen werden. Die letzteren repraesentieren die beiden alchemischen Prinzipien Quecksilber und Schwefel.

Die oberen Stockwerke repraesentieren die sieben Stufen des Purgatoriums. Die Kuppel symbolisiert den Himmel, in dem Dante mit seiner Geliebten Beatrice vereinigt wird.

Die Hoehe des Gebaeudes schliesslich - 100m - steht fuer die hundert Gesaenge von Dantes Werk.

Und von all dem Dante-Kram mal abgesehen: Auch sonst ein wunderschoenes Gebaeude. Und der Blick auf Buenos Aires vom Leuchtturm oben aus ist atemberaubend.

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