03.03.2011

The world within

Die letzten 7 Monate waren unbeschreiblich intensiv. Ich habe Dinge erlebt, die ich nicht fuer moeglich gehalten habe. Reisen ist ein Privileg, das nur wenige Menschen besitzen. Ich war einer davon. Ich bin dankbar, all dies erlebt haben zu duerfen. Ich bin mit einem Zitat auf die Reise gestartet, das ich nun, am Ende angelangt, hier publizieren moechte:

No journey carries one far, unless - as it extends into the world around us - it goes an equal distance into the world within.¹

Ich bedanke mich bei allen Menschen fuer die Konversationen, die Herzlichkeit, die Gastfreundschaft, die mich unzaehlige Male positiv ueberrascht haben. Darunter waren Taxifahrer, Bauern, Dorfbewohner, Locals, Mitreisende, Touristenfuehrer, Eseltreibern und vielen mehr. Fuer die herzliche Gastfeundschaft moechte ich mich inbesondere bedanken bei Pater Erich Williner aus Cochabamba, bei Veronica Muñoz und Ricardo Quezada aus Santiago, bei den Williner und Verwandten aus Rafaela, bei José Maria, Zulma und Brenda Williner aus Buenos Aires, bei Laura aus Buenos Aires, und schliesslich bei Juliana und Fernanda aus Belo Horizonte.

Ich hoffe ich werde Gelgenheit haben, die Gastfreundschaft zu erwiedern.

Ich gehe nun nach Hause, gestaerkt, viele Erlebnisse in mich tragend, die mich ein Leben lang begleiten werden. Anders als Fotos sind Erinnerungen keine Momentaufnahme. Sie veraendern sich jedesmal wenn wir sie hervorrufen, und wachsen dadurch in uns ein Leben lang weiter. So wird immer ein Teil der Reise bei mir sein, auf meinem weiteren Weg. Und die Bedeutung vieler Erlebnisse werde ich wohl erst in Zukunft verstehen koennen.

Nun gilt es, nach Hause zu gehen. Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit meiner Familie, mit meinen Freunden und Bekannten. Ich moechte die Schlusszeilen des letzten Blogartikels meiner Suedamerikareise einem meiner Lieblingszitate ueberlassen. Es stammt aus dem Film ´The Straight Story´von David Lynch, und passt hier perfekt:

When my kids were real little, I used to play a game with them. I'd give each one of 'em a stick, one for each one of 'em, and then I'd say: 'You break that.' Course they could real easy. Then I'd say: 'Tie them sticks in a bundle and try to break that.' Course they couldn't. Then I'd say: 'That bundle... that's family.'²

Zeit, nach Hause zu gehen.

__________
¹ Keine Reise bringt einen weiter, ausser - waehrend sie sich in die aeussere Welt erstreckt - sie in gleichem Masse die innere Welt erkundet.
² Als meine Kinder klein waren, spielte ich jeweils ein Spiel mit ihnen. Ich gab jedem einen Stecken, und sagte: 'Brecht ihn.'
Natuerlich war das ganz einfach fuer sie.
Dann sagte ich: 'Bindet die Stecken zu einem Buendel zusammen, und versucht, dieses zu brechen.'
Natuerlich gelang es ihnen nicht.
Dann sage ich:'Dieses Buendel ... bedeutet Familie.'

28.02.2011

Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt


Die Inkaruine von Machu Picchu war schoen. Die Antarktis war eindruecklich. Der Perito Moreno Gletscher spektakulaer. Aber nichts hat mich auf die atemberaubende Schoenheit der Iguacu-Wasserfaelle vorbereitet. Ein weiterer unvergesslicher Moment auf meiner Reise.

Ueber insgesamt 275 Faelle stuerzt das Wasser bis zu 80 Meter pro Wasserfall in die Tiefe. Momentan ist Regenzeit, deshalb ist Iguacu besonders spektakulaer.

Mir kamen die Worte Friedrich Schillers in den Sinn, als ich dem atemberaubenden Schauspiel zusehen durfte. Die Gischtwolken meine Kleider traenkten. Die Wassermassen unablaessig in die Tiefe stuerzten. Der Hall des Donners in den Ohren bruellte. Und Wasserfaelle, soweit das Auge reicht mich umgaben. Der Dichterfuerst war zwar nie in Iguacu, aber seine Worte sind angenehm zutreffend:

Und es wallet und siedet und brauset und zischt,
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,
Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt,
Und Well´auf Well´sich ohn´End draengt,
Und wie mit des fernen Donners Getose
Entstuerzt es bruellend dem finstern Schosse.

Noch besser als Worte - ich bitte um Verzeihung, Fredy - kann dieses Video das Spektakel fassbar machen.

Ein einmaliges Erlebnis! Mehr zu den Iguacu-Faellen gibt es hier.

13.02.2011

Mate: Elixir des Lebens



Es gibt Dinge, die ausserhalb der Schweiz niemand versteht. Beispiel Rivella. Oder Schwingen. Oder die Vorliebe fuer gutes Walliserbrot zum Zmorge.

Landestypische Verhaltensweisen, die im Ausland mit einem Stirnrunzeln oder zumindest mit Verwunderung wahrgenommen werden, gibt's in jedem Land.

Das Rivella Argentiniens, Paraguays, Uruguays, Suedchiles und Suedbrasiliens ist metaphorisch gesprochen der Mate. Mate ist eine Art Tee, die aus den getrockneten Blaettern des yerba (yerba wird SCHerba ausgesprochen) mate busches (llex paraguariensis) gewonnen wird. Mit heissem, aber nicht kochendem Wasser in einem Holzbecher (mate, wie das Gebraeu) aufgebrueht, und durch einen silbernen Strohhalm (bombilla, sprich: bombiSCHA) getrunken wird.

Der Gschmack ist bitter, kann aber mit Zucker etwas versuesst werden. Richtig spannend wird es aber erst, weil das Mate-Trinken so fest in den oben genannten Kulturen verankert ist, dass Mate-trinkende Menschen omnipraesent sind. Der Gaucho auf der Estancia in Salta, der Grenzbeamte, der zwischen den Passstempeln mal wieder einen Schluck Mate trinkt, die Feriengaeste am Strand, das alte Grosi in Montevideo auf der Parkbank, die Dorfjugend, die sich am Hauptplatz versammelt. Sie alle trinken Mate.

Das Materitual sieht so aus. Jemand bringt Mate, yerba, Bombilla und Thermos mit heissem Wasser (70-80 Grad) mit. Diese Person ist der/die Zubereiter des Mates. Er/Sie brueht die erste Runde auf, trinkt den Becher ganz aus, fuellt mit heissem Wasser nach, und gibt den Mate im Gegenuhrzeigersinn herum. Person A trinkt aus (beruehrt dabei aber nur den Becher, und auf keinen Fall die Bombilla!), und haendigt die Sache zurueck zum Matezubereiter, der wieder Wasser auffuellt, und den Becher an Person B weitergibt. Und so weiter. Erst wenn die Mischung fad ist, wird neues Kraut vom Zubereiter nachgegeben.

Das die Kurzform. Insbesondere hier in Uruguay wird Mate auf dem Niveau einer Kampfsportart betrieben. Der Mate ist omnipraesent. Ueberall wird Mate getrunken, und geht man nur schnell mal zum Markt, die Thermosflasche und der vorbereitete Matebecher sind stetige Begleiter. Keine Uebertreibung.

"¿Quieres mate?" ist nicht nur eine hoefliche Geste. Es ist die Einladung zum Beisammensein. So wurde ich beispielsweise spontan eingeladen in Montevideo im Hostal. Darauf folgte die Einladung zum Karneval (sehenswert, sehr politisch und witzig, so a la Schnitzelbaenke, nur mit mehr Gesang, mehr Musik, mehr Drive, weniger Kleidern und anderem Alkohol), dann Filmnacht im Hostal um 4 Uhr (ohne Mate, wieso eigentlich?), dann 2h schlafen, dann Gang zum Markt (mit Mate), dann Diskussion zur politischen Situation Argentiniens (mit Mate), dann Gruppenfoto (mit Mate), ...

Ich habe mich mit Bombilla, yerba, mate eingedeckt. Schweizer: Freut euch auf euren ersten Mate!

Mehr zum Mate gibt's hier.

12.02.2011

Uruguay





Meine Reise hat mich im siebten Monat nach Uruguay gefuehrt. Von Buenos Aires habe ich den Rio de la Plata ueberquert, eigentlich nur ein Flussarm (Bild 1), aber so gross, dass das Ufer von Buenos Aires nicht sichtbar ist. Mein erster Halt in Uruguay war Colonia del Sacramento, ein kleines Staedtchen, dessen Altstadt UNESCO Weltkulturerbe ist (Bild 2). Uruguay wird gerne als Schweiz Lateinamerikas bezeichnet. Es ist ein verhaeltnismaessig reiches Land mit einer verhaeltnismaessig ruhigen Geschichte (immer im Vergleich zu anderen Laendern Lateinamerikas). Uruguay ist zudem klein, und hat nur 3.5 Millionen Einwohner.

Aufgefallen sind mir nach einem halben Jahr Peru, Bolivien, Chile und Argentinien gleich vier Dinge:
  • Uruguay hat verhaeltnismaessig wenig Strassenhunde, und diese sehen zudem eher gut genaehrt und gesund aus
  • es ist sauber, in einem Hotel gab es sogar Abfalltrennung!
  • Mann/Frau traegt Motorradhelme!!!
  • Mate zu trinken (Artikel folgt spaeter, Mate ist eine Art Tee) ist hier omnipraesent. Menschen spazieren mit der Thermosflasche und dem Matebecher mit silbernem Strohhalm durch die Strassen!!!

Aufgefallen ist mir zudem, dass es in Uruguay vor allem argentinische und brasilianische Touristen hat. Kaum Gringos wie mich. So habe ich viel Gelegenheit, mein Spanisch zu brauchen.

Von Colonia ging's weiter nach Montevideo, eine unspektakulaere Hauptstadt. Dann nach Valizas (Bild 3), ein gemuetliches Doerfchen mit viel Gitarrenmusik und Gesang (bis 4 Uhr morgens :-) und einer gemuetlichen Atmosphaere. Dann ging ich nach Punta del Diablo (Bild 4), ein deutlich groesserer und touristischerer Ort. Wunderschoene Sandstraende. Und endlich kann ich wieder einmal im Atlantik baden. Es ist schon Jahre her.

Bitte schreibt mir Kommentare / Please comment on my articles


Liebe LeserInnen
Ich danke euch fuer das fleissige Verfolgen meines Blogs. Seit August 2010 habe ich schon ueber 3200 Aufrufe meines Blogs verzeichnen koennen! Die Mehrheit ist aus der Schweiz, gefolgt von Argentinien, Deutschland und USA. Dann gibt's noch Exoten wie Aufrufe aus Russland :-) Die waren wohl auf der Suche nach einem Trek in Peru, und sind einem Link von Google gefolgt.

Auch wenn ich von einigen von euch zwischendurch persoenliches Feedback erhalte, kenne ich dennoch nur einen Teil meiner Leserschaft. Es wuerde mich daher freuen, wenn ihr vermehrt die Kommentarfunktion der Artikel nutzen koenntet. So weiss ich, wer ihr seid, was euch gefaellt, was euch nervt, und was ihr gerade macht, etc.

Ich bin gespannt auf euer Feedback. Ein herzlicher Gruss aus Uruguay!
Markus

05.02.2011

Ars, homo additus naturae







Der Palacio Barolo, an der Avenida de Mayo 1370 ist schon aeusserlich spektakulaer. Seine wahre Einzigartigkeit offenbart das Gebaeude aber nur dem Besucher, der in die uebergrosse Eingangshalle tritt, und die Stockwerke bis zum Leuchtturm zuoberst von Nahem betrachtet.

Der schrullige Businessmann Luis Barolo wollte Europa, das er seinem unabwendbaren Untergang zugehen sah, in Buenos Aires weiterleben lassen. Zumindest einen der kulturellen Pfeiler seines Heimatlandes Italien: Den Nationaldichter Dante Alighieri.

Barolo beauftragte den Architekten Mario Palanti, Dante ein Monument zu errichten, das zugleich als Mietshaus funktionieren wuerde. So entstand das erste Stahlbetongebaeude Argentiniens.

Richtig spannend wird es aber erst, wenn man sich das Gebaeude naeher ansieht. Von den Zitaten in der Eingangshalle - beispielsweise: Ars, homo additus naturae, also: Kunst ist Natur mit dem Zusatz Mensch - ueber die ausgekluegelten architektonischen Anspielungen auf das Werk Dantes, der Palacio Barolo hat nicht umsonst Architekturgeschichte geschrieben:

Der Bau basiert auf dem Meter von Dantes goettlicher Komoedie. Das Gebaeude ist unterteilt in zwei Bloecken, mit je 11 Bueros pro Stockwerk. Also 22 insgesamt. Dies ist der Meter in Dantes 100 Gesaengen. (Kleines Kuriosum am Rande: Sogar die Kreiszahl Pi ist zu finden). Das Gebaeude ist des weitern aufgeteilt in die drei Teile der goettlichen Komoedie: Hoelle, Purgatorium, Paradies. Die Eingangshalle - die Hoelle - hat neun Bogen, welche die neun Kreise der Hoelle symbolisieren. Die neun Zitate stammen aus neun verschiedenen Werken der Weltliteratur, von der Bibel bis zu Vergil.

Auf den Saeulen der Hauptboegen sind vier Lampen montiert, die von zwei Kondoren und zwei Drachen - einer maennlich, einer weiblich - getragen werden. Die letzteren repraesentieren die beiden alchemischen Prinzipien Quecksilber und Schwefel.

Die oberen Stockwerke repraesentieren die sieben Stufen des Purgatoriums. Die Kuppel symbolisiert den Himmel, in dem Dante mit seiner Geliebten Beatrice vereinigt wird.

Die Hoehe des Gebaeudes schliesslich - 100m - steht fuer die hundert Gesaenge von Dantes Werk.

Und von all dem Dante-Kram mal abgesehen: Auch sonst ein wunderschoenes Gebaeude. Und der Blick auf Buenos Aires vom Leuchtturm oben aus ist atemberaubend.

Unvergessliche Momente

Ich bin seit 194 Tagen oder 27 Wochen oder 4656 Stunden unterwegs, seit ich am 3. August 2010 das Flugzeug bestiegen habe. Ich habe also bisher nur 1.7% meines bisherigen Lebens dieser Reise gewidmet. Aber unser Zeitgefuehl ist ja nicht mathematisch genau. So kommt es mir meistens vor, als ob ich seit Jahren unterwegs sei. Manchmal verliere ich sogar das Gefuehl, dass da ein anderes Leben vor meiner Reise war.

In diesen Monaten habe ich unzaehliges Unbeschreibliches erlebt. Einen Teil davon nehme ich bewusst war. Nur einen Teil davon, schliesslich, kann ich in Worte fassen. Und nur einen Teil dieser Erlebnisse, wiederum, kann und will ich in meinem Blog veroeffentlichen. Das ist nur ein Bruchteil meiner Erlebnisse.

Bleibend sind besonders die folgenden Erlebnisse. Sie haben es bisher nicht in einen Blogartikel geschafft. Interessanterweise sind es nicht Dinge, die in einem Touristenfuehrer stehen (koennen). Es sind einzelne Momente, persoenlich eingefangen, durch Zufall entstanden. Vielleicht kann die Magie einiger dieser Augenblicke bei meiner Leserschaft neu entstehen.

  • Mein erster Spaziergang in Miraflores, Lima (Peru) am 4. August 2010. "Ich bin angekommen", sagte ich zu mir. Fassen konnte und kann ich es immer noch nicht richtig.
  • Die ersten Sechstausender zu sehen in der Cordillera Blanca in Peru
  • Die Zeremonie, die der Schaman im Dschungel Boliviens eigens fuer mich durchgefuehrt hat. Seine Hilfsmittel waren Kokablaetter, sehr viel Alkohol, und Tabak. Sein Fazit behalte ich fuer mich.
  • Karaoke in einer Diskothek in Cochabamba, Bolivien: Oder wie singe ich angetrunken ein Lied, das ich nicht kenne? Zum Glueck hat keiner so genau hingehoert.
  • Auf der wilden Drake Passage beim Kap Horn auf meiner Ueberfahrt in die Antarktis auf dem Hometrainer zu joggen. Die Hand fest am Griff.
  • Im Schlauchboot durch eine Bucht in der Antarktis zu kreuzen, den Eisbergen ausweichend. Da und dort eine Robbe, die sich auf einem Eisberg sonnt. Um uns Weiss, ueber uns Hellblau, unter uns Dunkelblau.
  • Die Putzfrau in einem Hostal in Huaraz, Peru, die nicht lesen konnte. Bis zu diesem Augenblick habe war ich mir nicht bewusst, dass Lesen ein ungeheuers Privileg ist.
  • Das erste Mal im Pazifik baden in Arica, Nordchile.
  • Das Baden in einem kristallklaren See in Llao Llao in Argentinien.
  • Kontakte mit einem Argentinier mit Nachnamen Ruefenacht.
  • Der Tangoabend mit Brenda Williner
  • Mein erstes Asado (Grill) auf der Estancia in der Nahe von Salta, Nordargentinien
  • Der Abend bei den Eltern von Brenda Williner. Briefe, die mein Grossvater geschrieben hat, zu lesen. Zu disktuieren, zu lachen, das Essen zu geniessen. Und zu wissen, dass wir alle Williner sind.
  • Meine unzaehligen Matebekanntschaften.
  • All die Menschen, die mich mit offenen Armen und Herzen empfangen haben, mich eingeladen haben, mit ihnen in den Ausgang zu gehen, mit ihnen zu essen, mit ihnen zu feiern, mit ihnen zu diskutieren

01.02.2011

Buenos Aires: Architektur








Das Zentrum von Buenos Aires ist ein architektonisches Meisterwerk, dass eine Vielzahl von Stilen, Epochen und Konstruktionen umfasst. Zeitweise glaubte ich, in Paris oder Barcelona zu sein, zeitweise in Canary Wharf in London. Was mich als kleinen Kuhschweizer natuerlich besonders fasziniert, sind die Groessenverhaeltnisse. Nicht nur der Gebaeude und Monumente, sondern insbesondere der Alleen, Kreuzungen und Strassen. So hat die Avenida 9 de Julio beispielsweise nicht weniger als 14 Spuren. Momentan sind die meisten Porteños in den Ferien ausserhalb der Stadt, deshalb hat es wenig Verkehr. Fuer Argentinische Verhaeltnisse, versteht sich.

Ιθάκη

Ich widme dieses Gedicht meiner Familie, die mir das Reisen in Suedamerika ermoeglicht.

Ithaca (deutsche Uebersetztung hier)

When you start on your journey to Ithaca,
then pray that the road is long,
full of adventure, full of knowledge.
Do not fear the Lestrygonians
and the Cyclopes and the angry Poseidon.
You will never meet such as these on your path,
if your thoughts remain lofty, if a fine
emotion touches your body and your spirit.
You will never meet the Lestrygonians,
the Cyclopes and the fierce Poseidon,
if you do not carry them within your soul,
if your soul does not raise them up before you.

Then pray that the road is long.
That the summer mornings are many,
that you will enter ports seen for the first time
with such pleasure, with such joy!
Stop at Phoenician markets,
and purchase fine merchandise,
mother-of-pearl and corals, amber and ebony,
and pleasurable perfumes of all kinds,
buy as many pleasurable perfumes as you can;
visit hosts of Egyptian cities,
to learn and learn from those who have knowledge.

Always keep Ithaca fixed in your mind.
To arrive there is your ultimate goal.
But do not hurry the voyage at all.
It is better to let it last for long years;
and even to anchor at the isle when you are old,
rich with all that you have gained on the way,
not expecting that Ithaca will offer you riches.

Ithaca has given you the beautiful voyage.
Without her you would never have taken the road.
But she has nothing more to give you.

And if you find her poor, Ithaca has not defrauded you.
With the great wisdom you have gained, with so much experience,
you must surely have understood by then what Ithacas mean.

(Konstantinos Petrou Kavafis)

Auf den Spuren der Williners (Teil 3): Brenda Williner



Als mein Grossvater Josef Williner (1911 bis 2001) in den 70er Jahren auf die Suchen nach seinen Vorfahren ging, die dem Walliserdorf Graechen den Ruecken gekehrt hatten, war er vor weitaus groessere Huerden gestellt als ich das war. Er wusste, dass die Spuren der Williners nach Argentinien fuehrten. Gemaess seinem Naturell zweifelte er jedoch keine Sekunde daran, dass ihm das Unterfangen gelingen wuerde, die Williner im weit entfernten Argentinien zu finden. Der Migros Klubschul Kurs Spanisch in Schnellbleiche war schnell gemacht (egal, dass er als Bauernjunge kaum die Schulbank gedrueckt hatte). In Buenos Aires sprach er Menschen auf der Strasse an, ob sie ihm helfen koennten, seine Verwandten zu lokalisieren. Hilfsbereite Menschen im Schweizerklub telefonierten fuer ihn, und sagten ihm, dass die Spuren nach Rafaela, in der Provinz Santa Fe, fuehrten. Dort wurde mein Grossvater dann auch standesgemaess empfangen. Er hatte den Gruendervater, Josef Maria Williner, noch persoenlich gekannt, was ihm Tuer und Tor oeffnete.

Ich hatte es weitaus einfacher. Dank der Vorarbeit meines Grossvaters, und der Hilfe Mark Zuckerbergs gelang es mir, mittels Facebook schnell den Kontakt zu den Williners in Argentinien zu finden. Schnell erschienen auf meine Anfrage, wer mir sachdienliche Hinweise geben koenne, unzaehlige Kommentare. Beispielsweise: Ja, dein Grossvater war bei meiner Mutter zu Hause in der Kueche, und unterhielt sich mit meinen Eltern auf Spanisch, das Woerterbuch in der Hand haltend. Ich musste schmunzeln, damals im Februar 2010, als ich diese Antwort las. Konnte ich mir doch meinen Grossvater bildhaft vorstellen. Strammes Rueckgrat, seine kernige Walliser Art, die Selbstsicherheit, und das vom Walliserdeutsch stark gefaerbte Spanisch.

Schliesslich kam ich in Kontakt mit der Erstellerin der Williner Website auf Facebook. Brenda Williner. Wir hatten daraufhin sporadischen Kontakt, der sich kurz vor meiner Abreise nach Suedamerika verstaerkte, und der mir nun hier, in Buenos Aires, einen unvergesslichen Abend bescherte.

Brenda Williner (23) enstammt vaeterlicher und mutterlicherseits von den Williner ab. Wobei ein Schuss Italien seitens der Grossmutter muetterlicherseits und etwas Deutschland die Mischung noch etwas verfeinerte. Sie wurde in Buenos Aires geboren, ihr Vater arbeitet, wie koennte es auch anders sein, in Rafaela in der Fabrik der Williner (siehe Artikel Auf den Spuren der Williners Teil 2). Brenda ist ein bildhuebsches Maedchen, Jurastudentin, begeisterte Tangotaenzerin (what else?). Sie spricht fliessend Englisch und Franzoesich, und ihr Traum ist es, dereinst mal vom Tango leben zu koennen.

Der Abend war unvergesslich schoen. Die Herzlichkeit war Argentinisch. Die Gastfreundschaft italienisch. Doch unvergesslich war es, weil die Argeninierin vis a vis von mir den selben Nachnamen hatte wie ich, und wir verwandt sind. Erneut kamen mir die Worte Mephistos in den Sinn. Ich wusste: Diesen Abend werde ich nie vergessen. Warum ist fuer uns Menschen die Genealogie so wichtig? Ist es, weil wir dadurch einen Augenblick die Unendlichkeit geniessen koennen, eine Vergangenheit haben und eine Zukunft vor uns sehen, auch wenn wir dereinst nicht mehr sind?

Es ist unmoeglich, das Gefuehl in Worte zu fassen. Wie damals in Bolivien bei Erich Williner (siehe Auf den Spuren der Williners Teil 1).

Brenda erzaehlte mir unter anderem, wie sie von ihrem Vater darauf getrimmt wurde, den Nachnamen richtig auszusprechen, wie oft sie schon hatte erklaeren muessen, dass sie Schweizer, und nicht US amerikanische Wurzeln habe (Williner, Williams, Wellington, ...). Dass sie die Schweiz bis jetzt noch nicht kenne, aber das Land hier unten einen guten Ruf geniesse. Sauberkeit, keine Korruption, Ordnung.

Bereits ist das Empfangskomittee in Rafaela bereit, meine Ankunft vorzubereiten. Wow. Schweizer Wurzeln hin oder her, da koennen wir Schweizer noch gehoerig was dazulernen. Naemlich, was Gastfreundschaft anbelangt!